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Multifunktionale

Werkstück-Spanntechnik

Frank Scheurer

June 12, 2023
10 Min.

Das Bild zeigt eine kleine Auswahl der Dürr Systems AG mit den typischen Präzisionsteilen, die aufwändig zu bearbeiten sind und aus unterschiedlichen Werkstoffen bestehen.

Das Technologie-Unternehmen Dürr Systems AG ist weithin bekannt als internationaler Marktführer im Bereich schlüsselfertige Lackier-und Endmontageanlagen, sowie der dazu erforderlichen Maschinen- und Robotersysteme.

Zu den Hauptmärkten zählen global die Automobilindustrie und deren Zulieferer. Außerdem bietet die Dürr Systems AG für zahreiche Branchen leistungsstarke Systeme zur Abluftreinigung und Lackiertechnik. Im Stammwerk in Bietigheim-Bissingen, Deutschland, sind auf rund 70.000 m² Betriebsflächen etwa 2'000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt. Eine zentrale Position nimmt in diesem Werk die Abteilung „Spanende Fertigung“ ein, welche für die Bearbeitung sowohl von Komponenten für die Produktion als auch von Bauteilen für die Entwicklung und den Versuch zuständig ist.  

Folglich gilt es hier zum einen nicht nur eine hohe Teilevielfalt zu bewältigen, sondern die Teile den jeweiligen internen Kunden auch zeitnah zur Verfügung zu stellen. Zum anderen erfordert dies ein entsprechend breites Technologie-Equipment, sowie leistungsfähige und flexibel nutzbare Fertigungs-Kapazitäten und natürlich das hoch qualifizierte Fachpersonal dafür.

Martin Bulling, Application Technology Manufacturing bei der Dürr Systems AG, nennt dazu ein paar Kennzahlen:
„Für die laufende Produktion und Ersatzteilversorgung, sowie für die Entwicklung und die Versuchsabteilung fertigen wir pro Jahr etwa 200.000 Werkstücke. Dies sowohl in Einzelteil- als auch in Klein- und Mittelserien-Bearbeitung. Dabei handelt es sich um rund 2.000 verschiedene aktive Artikel, wovon wiederum etwa 800 durch 3-, 4- oder 5-Achsen-Fräsen zylindrisch und kubisch bearbeitet werden.“

800 verschiedene Teile spannen und bearbeiten

Um dieser Vielfalt an Fräsbearbeitungen, sowie den höchstunterschiedlichen Stückzahlen leistungs- und termingerecht buchstäblich Herr zu werden, setzt man in der Fräsbearbeitung u. a. auf 4- und 5-Achsen-CNC-Bearbeitungszentren, die alle mit Paletten-Automation bzw. mit größeren Paletten-/Werkstück-Magazinen versehen sind. Je nach Werkstücken, die aus den Werkstoffen Aluminium, Titan, rostfreier Edelstahl und POM gefertigt werden, und deren Dimensionen von einigen Millimetern bis zu 80 x 80 x 130 mm reichen, betragen die Maschinen-Laufzeiten wenige Minuten bis hin zu 3 Stunden.

Eine weitere Herausforderung stellen die erwähnten 800 Werkstück-Varianten und die stark schwankenden Stückzahlen zwischen 1 und 200 pro Charge dar. So gibt es zum Beispiel Werkstücke, die in 60 Ebenen mit bis zu 70 verschiedenen Werkzeugen zu bearbeiten sind. Daraus wiederum wird schnell ersichtlich, welche hohen Anforderungen die Werkstück-Spanntechnik, hinsichtlich optimaler Zugänglichkeit bei der mehrachsigen Komplett-/Simultanbearbeitung, erfüllen muss. Je nach Komplexität des Werkstücks setzt man deshalb für die Präzisionsbearbeitung wahlweise auf selbst entwickelte Sonderspannmittel, sowie verstärkt auf standardisierte Spanntechnik von leistungsfähigen Lieferanten.

Dazu zählt seit Jahren und in größerem Umfang die Schweizer GRESSEL AG in Aadorf, Spezialist für Werkstück-Spanntechnik und Automation. Im Jahr 2006 mit Zentrischspannern der Baureihe Zentros gestartet, führten die offensichtlich guten Erfahrungen dazu, weitere BAZ's sukzessive mit neuen Zentrischspannern centrinos, verschiedenen Systembacken und weitergehend mit dem mechanischen Nullpunkt-Spannsystem gredoc auszurüsten.

Links: Eine Auswahl des Spanntechnik-Equipments bei der Dürr Systems AG auf Basis des Baukastens von der GRESSEL AG für Werkstück-Spannsysteme. Rechts: Zeigt vier Zentrischspanner C2, die alle mittels des mechanischen Nullpunkt-Spannsystems gredoc „rund“ auf der Maschinenpalette fixiert und gespannt werden.

Werkstück-Spanntechnik für (fast) alle Fälle

Dazu Martin Bulling:

„Durch den Einsatz des Spanntechnik-Baukastens von Gressel auf allen BAZ`s haben wir eine weitgehende Standardisierung unserer Spannmittel erreicht. Den vorläufigen Höhepunkt stellt die Ausrüstung unseres neuesten 5-Achsen-CNC-BAZ`s mit Palettenwechsler und Palettenmagazin dar. Allein hier sind mehr als 50 Spannlösungen installiert, aufbauend wiederum auf dem mechanischen Nullpunkt-Spannsystem gredoc und gredoc-Konsolen in rund und eckig. Auf deren Basis kommen C2-Zentrischspanner in den Baugrößen C2 80 L-130, C2 125 L-160 und D2-Doppelspanner D2 125 L-320 für Teile aller denkbaren Dimensionen, so wie solinos-Aufspanntürme des Typs 65-4V zur mehrfachen Kleinteilespannung zum Einsatz. Je nach Bearbeitungsanforderungen sind die Zentrisch- und Doppelspanner C2 und D2 für die OP 10 und OP 20 mit verschiedenen Systembacken, die bei Bedarf sehr schnell gewechselt werden können, versehen.“

Doch der konsequente Einsatz an Standard-Spanntechnik geht noch deutlich weiter, denn mittlerweile sind auch weitere BAZ`s  sowie eine Messmaschine mit dem mechanischen Nullpunkt-Spannsystem gredoc bestückt, womit ein und dieselbe Schnittstelle die individuelle Nutzung verschiedener Spannmittel ermöglicht. Oder anders herum: Nun ist es in der Praxis machbar, hoch flexibel die unterschiedlichsten Spannlösungen auf verschiedenen BAZ´s einzusetzen.

Konsequente Nutzung standardisierter Spanntechnik

Dazu meinte der für den Kunden Dürr Systems AG zuständige Vertriebstechniker der GRESSEL AG, Frank Scheurer:
„Hier kommt der durchgängige Systemgedanke unseres strikt modularen Spanntechnik-Baukastens voll zum Tragen. Das mechanische Nullpunkt-Spannsystem gredoc als standardisierte Basis-Schnittstelle auf diversen Maschinen plus dem Messzentrum, in Backenbreiten und Baugrößen verschiedene Zentrisch- und Doppel-Spanner, die Aufspanntürme solinos zum mehrfachen Spannen von Kleinteilen und schließlich abgestimmte Backen für die OP 10 und die OP 20 – insgesamt sprechen wir hiervon rund 90 installierten Nullpunkt-Spannsystemen in verschiedenen Ausführungen sowie mehr als 40 Zentrisch- und Doppelspannern plus Aufspanntürmen mit Kleinteile-Spannern samt Zubehör.“

Dass sich das Investment in die multifunktionale Werkstück-Spanntechnik auf Basis des Gressel-Baukastens für die Dürr Systems AG als sehr lohnend herausstellte, macht die Tatsache deutlich, dass bis heute gut 350 der besagten 800 zu fräsenden Werkstücke mit Hilfe der aufgeführten Standard-Spannmittel präzise und vor allem reproduzierbar genau bearbeitet werden. Darüber hinaus bringen die nun über Jahre nachgewiesene Kompetenz und das Leistungsvermögen der GRESSEL AG noch weitere Vorteile mit sich, wie Martin Bulling folgend:

„Zur Entscheidungsfindung, bezüglich Lieferantenauswahl für die Standardisierung der Werkstück-Spanntechnik, haben wir anhand eines sehr schwierig zu bearbeitenden Werkstücks aus Aluminium, das u. a. durch 60 mm tiefe Taschen und sehr hohe Zerspan-Volumina gekennzeichnet ist, mit verschiedenen Produkten umfangreiche Tests vorgenommen. Nicht nur hierbei, sondern vor allem durch die tatkräftige Unterstützung von Herrn Scheurer und den Fachleuten in der Schweizer Zentrale, auch der Systemfähigkeit des GRESSEL Baukastens und der für die Praxis wertvolle Ausrüstungsvielfalt durch das Backen-Programm, ebenso der minimierten Rüst- /Umrüstzeiten und der sehr einfachen Handhabung, sowie der wirklich geringe Wartungsaufwand und nicht zuletzt der Möglichkeit für das Downloaden der 3D-Daten der Spanntechnik-Komponenten von der GRESSEL-Homepage, wurden wir in jeglicher Hinsicht überzeugt. Deshalb sind bereits weitere Spanntechnik-Projekte in der Realisierung, mit denen wir die Leistungsbereitschaft und die Produktivität unserer Abteilung jetzt und in der Zukunft sicherstellen werden.“

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